Getrennte Abwassergebühr - Was ist das?

Mit Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshof vom 24.09.2009 wurde die Methodik zur Gebührenberechnung für die Beseitigung von Schmutz- und Niederschlagswasser neu geregelt.

Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die Abwassergebühren nach dem Frischwassermaßstab, d.h. nach dem jährlichen Frischwasserbezug - abgelesen auf der Wasseruhr - berechnet. In dieser Gebühr sind sämtliche Kosten enthalten, die für die Behandlung und Entsorgung von Schmutz- und Niederschlagswasser anfallen.

Während häusliches und gewerbliches Schmutzwasser nach dem Frischwasserbezug abgerechnet wird, wird das eingeleitete Niederschlagswasser, das von den Grundstücken in die öffentliche Kanalisation, in Rinnen oder in öffentliche Versickerungsanlagen (kurz: ‚öffentliche Kanalisation') gelangt, nicht quantitativ und grundstücksbezogen erfasst, sondern pauschal mit der Einheitsgebühr abgerechnet.

Die Annahme, dass zwischen dem bezogenen Frischwasser und dem eingeleiteten Niederschlagswasser eine gewisse Relation bestehe, wurde bis in das Jahr 1984 zum Beispiel vom Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster mitgetragen (GEMEINDEHAUSHALT 1983: 69f.). Diese Beziehung gilt nach heutiger Anschauung allerdings nur dann, wenn die gemeindliche Siedlungsstruktur eine gewisse Homogenität aufweist. Nur dann ist das Verhältnis der versiegelten Grundstücksfläche - das heißt der Fläche des Grundstückes, von dem aus Niederschlagswasser bei Niederschlagsereignissen in die Abwasserkanalisation gelangt - in etwa proportional zum bezogenen Frischwasservolumen der Niederschlagseinleiter.

Nach heutiger Überzeugung ist diese angenommene Proportionalität zumindest für größere Städte in der Regel nicht gegeben. Dies haben auch die zuständigen Oberverwaltungs- und Verwaltungsgerichte erkannt und in mehreren Urteilen dokumentiert (z.B. Oberverwaltungsgericht Münster, 18.12.2007; Bundesverwaltungsgericht, 13.05.2008; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, 24.09.2009; 2. Senat des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg, 11.03.2010). Von der Rechtssprechung wird in der Konsequenz nunmehr von allen Städten und Gemeinden Hessens gefordert, Abwassergebühren getrennt nach bezogenem Frischwasser (Schmutzwassergebühr) und nach an die öffentliche Kanalisation angeschlossener, bebauter oder künstlich befestigter Grundstücksfläche (Niederschlagswassergebühr) zu erheben. Die zuständigen Gerichte fordern daher von Städten und Gemeinden eine Aufteilung der bisherigen Abwassergebühr auf zwei Gebühren.

Die "Getrennte Abwassergebühr" bezeichnet somit die separate Veranlagung für Schmutz- und Niederschlagswasser anstelle der bisherigen Einheitsgebühr. Eine Veranlagung auf Basis einer Einheitsgebühr ist im gesamten Bundesland Hessen nicht mehr zulässig.
 

Zum 01.01.2012 soll in der Stadt Viernheim die Gebührenumstellung von der Berechnungsmethode nach Frischwassermaßstab auf eine Getrennte Abwassergebühr für Schmutz- und Niederschlagswasser erfolgen. Durch diese Umstellung werden die Abwassergebühren nach dem Verursacherprinzip auf die Kostenpositionen ‚Schmutzwasserbeseitigung' und ‚Niederschlagswasserbeseitigung' aufgeteilt und somit für die Gebührenzahler gerechter.

Die Schmutzwassergebühr wird verbraucherbezogen nach dem Frischwasserbezug über Ablesen der Werte an der Wasseruhr berechnet.

Die Niederschlagswassergebühr wird je nach Größe der bebauten oder künstlich versiegelten und an die öffentliche Kanalisation angeschlossenen Grundstücksflächen grundstücksweise erhoben.

Die Summe der zukünftigen Schmutz- und Niederschlagswassergebühren der Stadt Viernheim entspricht exakt den Abwassergebühren, die sich auch nach herkömmlicher Berechnungsmethode ergeben würde.