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Tief bewegt aus Mława/Polen zurückgekehrt

„Schlacht von Mława“ versetzt Viernheimer Delegation in eine Zeitreise

 

Auf dem Platz vor Kirche und Rathaus in Mława treffen sich die Menschen, es findet der Wochenmarkt statt, ein Hochzeitspaar ist zu sehen. Kinder rennen durcheinander, gläubige Juden sind ins Gespräch vertieft. Soldaten lassen es sich bei Essen und Getränken gutgehen. Eine wunderschöne Stimmung herrscht, so vermittelt es die Rekonstruktion des Lebens in Mława kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges vor 80 Jahren.

Mehr als 130 Bürger sind als Laiendarsteller aktiv, „doch plötzlich“, so Bürgermeister Matthias Baaß, „heulen die Sirenen, die Mimik der Menschen schlägt um, voller Angst wird gen Himmel geschaut!“

Norbert Schübeler, Stadtverordnetenvorsteher und am Freitag ebenfalls in Viernheims Partnerstadt Mława zugegen, schildert die weitere Szenerie: „Zwei Maschinen überfliegen den Ort der Inszenierung in nur geringer Höhe, vor unseren Augen gibt es Detonationen, die Menschen schreien, Tote sind zu versorgen.“


Bild oben links: Maschinen fliegen über Mława und jagen den Bürgern Angst und Schrecken ein
Bild oben rechts: Polnische Soldaten hinter Barrikaden versuchen die Gefahr abzuwehren
Bild unten: eine verzweifelte Mutter kniet vor ihrem toten Kind
Bilderquelle: Stadt Mlawa


Von einer Minute auf die andere verwandelt sich die Idylle in ein rauchverhangenes, blutiges Schlachtfeld und der städtische Marktplatz, der bis vor kurzem voller Stände, Waren und Menschen war, ist mit den Leichen gefallener Frauen, Männer und Kinder bedeckt.

„Die Rekonstruktion des Angriffs auf Mława mitten in der Stadt war wie eine Zeitreise und für uns alle sehr zu Herzen gehend“, so der Stadtverordnetenvorsteher Schübeler, der auch einige Tage nach der Reise noch mit Gänsehaut über das Erlebte in Polen berichtet.
Und genau darum geht es den Verantwortlichen in Mława , der Stadt in Polen, die unmittelbar bei Beginn des Zweiten Weltkrieges vom Überfall durch die deutschen Nazi-Truppen betroffen war. Mława geht es nicht um das Schaffen oder das Pflegen eines Feindbildes oder um das Wiederholen von Schuldzuweisungen, „es soll schlicht der Irrsinn des Kriegs für jedermann begreifbar bloßgestellt werden“, so Bürgermeister Baaß.

Die Viernheimer Delegation reiste bereits am 22. August nach Mława (wir berichteten), um den Feierlichkeiten zum 80. Gedenktag der „Schlacht von Mława “ beizuwohnen. Der Zweite Weltkrieg spiegelte sich in allen Veranstaltungspunkten wieder. So gab es eine Militärausstellung, bei der u. a. Kampfpanzer mit dem Namen „Leopard“ oder dem „PT-91“ sowie Kanonenhaubitze von der Nähe betrachtet werden konnten.

Besonders bewegend berichtet Stephan Schneider von der Ausstellung im dortigen Museum, bei der Exponate von Soldaten ausgestellt wurden, die damals bei der Schlacht ihr Leben verloren. Hierbei handelte es sich um persönliche Gegenstände und Briefe der Soldaten, die nach dem Zweiten Weltkrieg per Zufall in einer Kiste gefunden wurden und im Gedenken an die Gefallenen nun in einer Ausstellung einen Ehrenplatz fanden.


Bild oben Mitte: Die Viernheimer Delegation zusammen mit Vertretern aus Mława und deren Partnerstädte nach der Inszenierung auf dem Weg   zum Stadtpark, um am Denkmal Marschall Józef Piÿsudski Kerzen abzustellen.
Bild unten links: Weiße Friedenstauben steigen nach der Unterzeichnung des Friedensmanifests empor
Bild unten rechts: Bürgermeister Baaß bei der Unterzeichnung des Friedensmanifests gemeinsam mit den Vertretern aus Litauen, Bürgermeister Kowalewski aus Mława , Italien und Nordmazedonien (v.l.n.r.)
Bilderquelle: Stadt Mława

Anlässlich des Gedenktages wurde noch ein „Manifest des Friedens“ unterzeichnet. Der polnische Bürgermeister Slawomir Kowalewski hatte alle mit Mława städtepartnerschaftlich und freundschaftlich verbundenen Städte hierzu eingeladen, um sich gemeinsam für die Wahrung des Friedens stark zu machen.

Matthias Baaß: „Mit dem vor Beginn der Inszenierung auch durch Viernheim unterschriebenen gemeinsamen Friedensmanifest der Partnerstädte weist der Weg in die Zukunft. Wenn heute verantwortliche Politiker nur sich und ihr Land sehen („first“), kann dies auch heute ausschlaggebend für Krieg sein. Stattdessen müssen die Herausforderungen gemeinsam angegangen werden, in gegenseitiger Wertschätzung anderer Länder und Nationen. Nur dann ist Fortschritt für alle in Frieden möglich!“