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Platz-Sharing" im Rahmen des gesetzlichen Anspruchs auf eine Kinderbetreuung

Die Verwaltung wurde beauftragt ein Konzept vorzulegen, wie durch "Platz-Sharing"-Angebote auf individuelle Betreuungsbedarfe eingegangen werden kann

In der Sitzung am 5. Juni 2020 hat die Stadtverordneten-Versammlung den Kindertagesstättenentwicklungsplan und den erforderlichen Bedarf von Betreuungsplätzen in Krippen und Kindertagesstätten im Zeitraum bis 2025 ohne Änderung der Bedarfsquoten zur Kenntnis genommen. Gleichzeitig wurde die Verwaltung beauftragt ein Konzept vorzulegen, wie durch "Platz-Sharing"-Angebote auf individuelle Betreuungsbedarfe eingegangen werden kann. Platz-Sharing wird im Folgenden verstanden als eine Möglichkeit, zeitversetzt - beispielsweise tageweise - Plätze zu teilen.

Die Umfrage der Verwaltung ergab, dass in den umliegenden Kommunen im Kreis Bergstraße kein Platz-Sharing angeboten wird. Im weiteren Umfeld ist in den Gemeinden Egelsbach (Landkreis Offenbach) und Mühltal (Landkreis Darmstadt-Dieburg) eine abgewandelte Form Bestandteil des örtlichen Betreuungsangebots.

Die Gemeinde Egelsbach (11.500 Einwohner) bietet das Platz-Sharing nur im U3-Bereich (Kinder von 1-3 Jahre) an. Hier ist sowohl ein Sharing an verschiedenen Tagen als auch zu verschiedenen Uhrzeiten möglich. Für jeden Wochentag kann individuell ausgewählt werden, ob überhaupt und wenn ja, zu welchen Zeiten eine Betreuung benötigt wird. Damit handelt es sich nicht um ein "echtes" Platz-Sharing, da ein Ganztagesplatz nicht auf zwei Kinder aufgeteilt wird, die korrespondieren, sondern das Sharing wird auf die Gesamtgruppe verteilt. Nur wenige Eltern nutzen dies in größerem Umfang. Die meisten wählen "klassische Betreuungszeiten" bzw. sie wählen zum Beispiel einen Tag (oft Freitag), an dem sie keine Betreuung benötigen.

In der Gemeinde Mühltal (14.000 Einwohner, mehrere Ortsteile) besteht ebenfalls kein reines Platz-Sharing. Es handelt sich dabei um ein Sharing von verschiedenen Tagen, als auch ein Sharing von Vor- und Nachmittagen. Hier teilen sich nicht zwei Kinder einen Platz, sondern in der ganzen Gruppe wird geschaut, dass die Zeiten passen.

Die Stadt Langen (Landkreis Offenbach, 38.000 Einwohner) hat im Jahr 2018 eine schriftliche Umfrage unter den Eltern aller Kinder in Kindertagesstätten und der Eltern auf den Voranmeldelisten durchgeführt. Dabei wurde nachgefragt, ob ein geteilter Platz für diese in Frage kommt. Bei 2.200 versandten Schreiben ergab sich ein Rücklauf von knapp 50 %.

Einziges Ergebnis: Nur die Eltern von zwei Kindern erklärten sich bereit, die Betreuungszeit ihrer Kinder von 17 Uhr auf mittags zu verkürzen, so dass zwei neuen Kindern ein verkürzter Nachmittagsplatz ermöglicht werden konnte.

Ein "Platz-Sharing" hat grundsätzlich zur Folge, dass die Kinderanzahl erhöht wird und ein Mehraufwand entsteht. Der Personalbedarf muss aufgrund der erhöhten Kinderzahl angepasst werden. Einige Bundesländer beschränken, wie viele Plätze in einer Gruppe geteilt werden dürfen, Rheinland-Pfalz erlaubt nur eine tageweise Platzsplittung und keine Vormittags- bzw. Nachmittagsnutzung. Das Land Hessen macht hierzu keine Vorgaben. Aus fachlicher Sicht scheint nur eine tageweise Splittung Sinn zu ergeben. Pädagogisch bedeutet ein Platz-Sharing für die Erzieher/innen immer einen höheren Arbeitsaufwand durch Eingewöhnung, pädagogische Betreuung, Elterngespräche etc.

Im Ergebnis ist festzustellen, dass das Instrument "Platz-Sharing" in der Kitalandschaft keine Relevanz besitzt. Ein echtes Platz-Sharing findet bei den Eltern keinen Zuspruch. Zum einen wird eine Ganztagsbetreuung für das Kind favorisiert oder aber zumindest ein Regelplatz am Vormittag. Die Bereitschaft von Eltern, mit anderen Eltern einen Platz unter den beiden eigenen Kindern aufzuteilen, ist nicht vorhanden. Unechte Platz-Sharing-Modelle, bei denen die Betreuungszeiten des Kindes modulartig zusammengestellt werden können, finden sich in der Praxis gelegentlich. Diese Art ermöglicht aber keinem zusätzlichen Kind den Zugang zu einem Betreuungsplatz.

Der Magistrat wurde in seiner vergangenen Sitzung am 17. August über die Ergebnisse der Umfrage informiert, die sodann am 26. August dem Sozial- und Kulturausschuss vorgelegt werden.